Statements:
Enger Debatten­raum und politische Filter

„Ich kann nicht mehr schweigen. Ich kann nicht mehr wortlos hinnehmen, was seit nunmehr anderthalb Jahren bei meinem Arbeitgeber, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk passiert“, schrieb Ole Skambraks in seinem Offenen Brief. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ARD, ZDF, ORF und Deutschlandradio sehen die Praktiken und die Bericht­erstattung ihrer Arbeitgeber ebenso kritisch, trauen sich aber aus Sorge um ihren Job nicht, ihre Meinung zu äußern.
Hier bekommen sie eine Stimme.

Pro Person ist ein Statement zulässig oder anders ausgedrückt: jedes anonyme Statement entspricht einem Menschen, der sich nicht mehr traut, seine Meinung offen kundzutun.

 

Der Kern der ARD war einmal ihre Unabhängigkeit. Die hat sie aufgegeben. Und damit ihre Existenzberechtigung aufs Spiel gesetzt.

Thomas Moser

freier Hörfunk-Mitarbeiter verschiedener ARD-Anstalten

Ich bin ausgebildeter Redakteur und arbeite seit 1989 als freier Mitarbeiter für mehrere ARD-Anstalten im Bereich Hörfunk. Das Betriebsklima in diesem öffentlich-rechtlich verfassten Medium empfand ich von Anfang an als sehr angenehm, kollegial und vor allem auch inhaltlich fruchtbar. Man konnte auf eine Weise Themen journalistisch bearbeiten, wie ich es in privat-rechtlich verfassten Medien (Zeitungen) bisher nicht kannte. (Erst in den Alternativmedien dieser Zeiten erlebe ich diese Freiheit wieder.) Berichte und Kommentare zu Regierungen, Parteien, Amtsträgern, Wirtschaftsbossen, Polizei, Bundeswehr, Verfassungsschutz, DDR-Stasi, oppositionellem Verhalten, Bürgerbewegungen und so weiter. Der Kern der ARD war ihre Unabhängigkeit. Sie ermöglichte schonungslose und wahrhaftige Recherchen und Berichte.

Dennoch erlebte ich intern immer wieder Konflikte und Einmischungsversuche in die Berichterstattung von oben aus der ARD-Hierarchie heraus. So zum Beispiel beim ersten Irak-Krieg 1991. Ich arbeitete damals im WDR in Köln. Weil es viele kritische Berichte zu diesem Krieg gab, erinnere ich mich, dass Chefredaktion und Intendanz darauf Einfluss zu nehmen versuchten, indem sie vor einer „Emotionalisierung“ warnten. (Also das Gegenteil der aktuellen Kriegshaltung, bei der mit moralischer Empörung Kriege unterstützt werden.) Letztendlich blieb es bei einem eher ohnmächtigen Versuch; die WDR-Oberen konnten keinen nachhaltigen Einfluss durchsetzen. Der Grund lag im intakten Redaktionsprinzip des Senders. Die Redaktionen entschieden autonom über ihre Berichte. Diese Redaktionen waren durchaus unterschiedlich ausgerichtet, was auch dem inneren Pluralismus der ARD entsprach. Aber sie waren eben in ihrer Arbeit frei. Weil das Redaktionsprinzip allen Redaktionen ihre innere Freiheit gab, wurde es auch von allen getragen.

Mit Corona erlebte dieses ARD-System einen Bruch: Aus Einzelfällen der Einflussnahme wurde eine flächendeckende Allgemeingültigkeit, ein neues System. Die innere Redaktionsfreiheit und der Pluralismus wurden abgeschafft. Es hatte den Eindruck, als sei von oben eine Linie ausgegeben, an die sich jeder und alle zu halten hatten. In einer ARD-Anstalt hieß es sinngemäß: „Die Corona-Maßnahmen werden nicht angezweifelt.“ Abweichler wurden abqualifiziert und abgestraft. Es handelte sich aber nicht um eine journalistische Linie, sondern um eine politische. Journalismus, wie er bis dahin in der ARD gepflegt wurde, störte dabei nur. Das unabhängige Medium ARD verwandelte sich in ein angepasstes Propagandainstrument der Corona-Exekutive. Recherchen oder ein Hinterfragen der Corona-Politik gab es nicht mehr. Keine journalistischen Standards mehr, wie Sorgfalt, Gleichheit oder Wahrhaftigkeit. Anstelle der Unabhängigkeit machte man sich zur Partei. Mit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges wurde diese Haltung nahtlos auf die Kriegspolitik Deutschlands übertragen.

Was bis heute verwundert, ist, wie schnell das ging, und wie reibungslos dieser Systemwechsel vollzogen wurde. Es wirkt gerade so, als haben manche ARD-Funktionsträger nur darauf gewartet. Es kam ihnen entgegen. Angesichts der verantwortungslosen Selbstbedienungskultur in der Führungsspitze des RBB könnte man auch sagen, Corona hat offengelegt, was sich in den öffentlich-rechtlichen Medien in den letzten Jahrzehnten an Unkultur entwickelt hat.

Sich zur Partei einer Corona- oder Kriegspolitik zu machen, führt zu einer verhängnisvollen Tendenz: alles Kritische, Abweichende und Gegensätzliche muss abqualifiziert und ausgegrenzt werden. Und zwar auf Kosten der Wahrheit.

Bei einer Corona-Demonstration in einer Kleinstadt bei Heilbronn hat ein SWR-Reporterteam eine Teilnehmerin nach Waffen gefragt. Ich stand daneben und habe es gehört. Die Frau antwortete wörtlich: „Da distanziere ich mich. Wir laufen in Frieden.“ In dem Fernsehbeitrag unter dem geframten Titel „Reichsbürger und Querdenker“ wird die Situation verfälscht. Die Frage des SWR-Kollegen nach Waffen wird weggelassen. Stattdessen wird der Eindruck erweckt, die Demoteilnehmerin habe auf eine Frage nach Reichsbürgern geantwortet. Sie sei die einzige gewesen, heißt es obendrein, die sich von den Reichsbürgern distanziert habe. Was wir hier vor uns haben, ist dramatisch und sollte für die künftige Journalistenausbildung unbedingt konserviert werden: Es ist die bewusste (Ver-)Fälschung einer Situation und eines Sachverhaltes. Es ist Anti-Journalismus, nicht Information, sondern Desinformation.

Von einer anderen Corona-Demo in Reutlingen berichtete ein SWR-Team in einer Live-Schalte. Ein Demonstrant stellte sich zunächst hinter den Korrespondenten und störte ihn verbal, ehe ihn ein Sicherheitsmann wegschob. In einiger Entfernung waren ebenfalls „Lügenpresse“-Rufe zu hören, doch die SWR-Kollegen konnten ihren Bericht relativ ruhig übermitteln. Ich stand dabei und war Zeuge. Hinterher schrieb der Sender auf seiner Webseite, das Kamerateam sei von Demonstranten „umringt“ worden. Genau das stimmte aber nicht. Der Sender hat ein solches Bedrohungsszenario einfach erfunden.

Wenn anstelle von Unabhängigkeit nun als Bürgerpflicht gilt, sich als Sprachrohr der Regierenden zu verstehen, setzen die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Existenzberechtigung selber aufs Spiel. Die Abschaffung der ARD steht seit langem auf der Agenda des kapitalistischen Rollbacks in Deutschland und wird von einflussreichen Politikern immer wieder mal gefordert. Dafür braucht es weder AfD noch Reichsbürger.

Doch in den Sendern ist man blind geworden für die tatsächlichen Gefahren und Folgen des eigenen Tuns. Bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion in Tübingen über Corona und die Corona-Berichterstattung in den Medien beklagte eine Verantwortliche des SWR, dass das Publikum den Medien nicht mehr verzeihe, wenn sie Fehler machten. „Wir sind weg von einem menschlich verzeihenden Umgang miteinander“, sagte sie. Ihr fiel nicht auf, dass man das gerade für den umgekehrten Fall sagen kann: Sowohl Politik als auch Medien verzeihen bis heute denen nicht, die gegen die Corona-Maßnahmen opponierten, und sprechen weiterhin abfällig von Corona-Leugnern oder Querdenkern. Die SWR-Redakteurin merkte nicht einmal, dass die von ihr kritisierte Unversöhnlichkeit im eigenen Haus praktiziert wird. Wie im Fall von Ole Skambraks, der rausgeschmissen wurde, weil er den Umgang des SWR mit Corona öffentlich kritisiert hatte. Wenn die Kollegin ihr Bedauern ernst meinte, müsste sie für eine Wiederbeschäftigung ihres Kollegen Skambraks eintreten. Sowie dafür, widersprechende Meinungen äußern zu können, auch im Programm.

Experten von Stiftungen und Denkfabriken

Mitarbeiter

einer ARD-Anstalt

Meine Beobachtung: In unserer Redaktion wird bei Sitzungen nicht darüber geredet, wie wir die Menschen mit unserem Programm möglichst vielfältig informieren und verschiedene Ansichten präsentieren könnten. Nein, es wird darüber geredet, wie man ein Ereignis mithilfe von Experten einordnen kann. Am Ende sieht die Regierung dabei meist gut aus. Dazu werden dann in der Regel dieselben Experten von einschlägigen Stiftungen und Denkfabriken angerufen, die sich in der Vergangenheit als gute „Einordner“ bewährt haben. Das heißt, im Großen und Ganzen die Sicht der Regierung, der SPD oder der Grünen wiedergeben. Wenn jemand aus der Redaktion einen neuen Experten vorschlägt, wird erstmal recherchiert, ob der nicht irgendwelche verdächtigen Aussagen gemacht hat, vielleicht die Corona-Maßnahmen kritisiert oder im falschen Medium publiziert hat.

Das könnte eine Erklärung sein, warum unser Programm einen immerwährenden Gleichklang hat.

Erzieherischer Haltungsjournalismus

Mitarbeiter

Westdeutschen Rundfunk (WDR)

Ich arbeite seit vielen Jahren für den WDR als Autor. Was mich besorgt und umtreibt, ist die Wahrnehmung, dass in den Redaktionen wenig bis keine Bereitschaft besteht, andere Meinungen als den Mainstream überhaupt wahrzunehmen, geschweige denn als Bereicherung anzuerkennen. Egal, ob Energiepolitik, Corona oder Migrationsfragen etc., die Leitlinien der Berichterstattung sind mehrheitlich durch politisch motivierte Redakteure so vorgegeben und eingeengt, dass eine echte Auseinandersetzung von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Es ist immer das gleiche ideologisch geprägte Weltbild, das sich in Sprache und Duktus durchsetzt – und letztlich auch so ausgestrahlt wird. Das Ringen um Positionen, das Verständnis für die Probleme der Bevölkerung, sind einer Art erzieherischem Haltungsjournalismus gewichen, der mich zutiefst anödet und gleichzeitig erschreckt. Das hat mit Meinungspluralität, wie im gesetzlichen Auftrag festgeschrieben, wenig bis nichts mehr zu tun.

Journalisten sollen sagen, was die Regierung möchte.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

ARD-Anstalten, Deutschlandfunk (DLF), Österreichischer Rundfunk (ORF)

Ich gebe zu, diese Headline klingt ketzerisch. Leider ist das meine Interpretation eines Anrufs, den ich im Frühjahr 2021 vom ORF erhielt.

Nach mehr als zehn Jahren freier Mitarbeit für das Hörfunkprogramm Ö1 hieß es da, man sei auf meine Facebook-Posts zu Corona aufmerksam geworden (in denen ich in der Tat sämliche sogenannten „Anti-Corona-Maßnahmen“ massivst kritisiert und abgelehnt habe) und zu dem Schluss gekommen: „Wir können es nicht hinnehmen, dass unsere Autoren die Regierungspolitik kritisieren.“

Ein Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss.

Einem Redakteur von WDR 5 waren meine Facebook-Posts ebenfalls aufgefallen. Er hat davon Screenshots gemacht und diese an andere Redaktionen in der ARD geschickt. Mit der Frage, ob sie überhaupt wüssten, mit wem sie da zusammenarbeiten.

Zwei weitere Redaktionen, bei Bayern 2 und SWR2, haben mir daraufhin ebenfalls gekündigt - teilweise wurden meine Themenangebote nicht mehr beantwortet (nach dem Motto: „Er wird‘s schon merken...“), teilweise gab es merkwürdige E-Mails und Telefonate, in denen mir gekündigt wurde (sofern bei einem Freien davon die Rede sein kann).

Ich muss allerdings fairerweise dazu sagen, dass es auch Redaktionen bei DLF und NDR gab, die nicht so reagiert haben.

Die Ausgewogenheit in ARD, ZDF und den Dritten habe ich schon vor 2020 zunehmend vermisst.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)

Doch die zurück­liegenden zwei Jahre habe ich dies­bezüglich als Tiefpunkt wahr­ge­nommen. Vielleicht war der öffentlich-rechtliche TV-Journalismus immer schon mehr „Story-Telling“ als Wahrheits­suche, und den einen Zeit­punkt, ab dem alles irgendwie schlechter wurde, gab es vielleicht nie. Doch die Corona-Zeit und ihre „Maßnahmen“, die ja tatsächlich wie kaum etwas anderes seit der Gründung der Bundes­republik in unser Leben und in unsere Grund­rechte ein­gegriffen haben, haben für mich ein be­unruhigend schwaches Zeugnis für die „Vierte Gewalt“ im Staat ausgestellt, wenn es denn darum geht, dass diese „Vierte Gewalt“ die anderen drei im Sinne der Wahrung der Grund­rechte kritisch hinter­fragen und kontrollieren soll.

An entscheidenden Stellen für die Bericht­er­stattung haben viele Redakteurinnen und Redakteure die mangelhaften und unzureichenden Daten des RKI trotz ihrer Schwächen für gut genug befunden, um sie zum täglichen „Stand der Tatsachen“ und damit zur Richtschnur für weitgehende Einordnungen zu erklären. Eine tägliche Kritik an der Datenqualität hätte jedoch zum journalistischen Handwerk gehört. Den Einschätzungen des RKI so folgend, wurden dann Angst und Alarm als berechtigte Dauer-Narrative gesehen - die im Sinne der Quote leider auch erfolgreiche Narrative waren, weil Angst und Alarm naturgemäß die Aufmerksam­keit des Publikums erhöhen. Berechtigte Zweifel, Nach­fragen, andere Experten­meinungen, Maßnahmenkritik oder gar Demonstrationen und Protest wurden im gleichen Zuge für unangebracht bis falsch, oder gar für rechts­extrem und gefährlich erklärt und entsprechend gebrandmarkt. Selten habe ich so eine journalistische Unwucht und so ein überzeugtes Sortieren in "richtig-falsch“ oder moralisierend in „solidarisch-unsolidarisch“ auf so dünner Faktengrundlage erlebt.

Gesendet wurde nach meiner Beobachtung überwiegend, was das Narrativ bestätigte und am Leben hielt. Mit Mainzel­männchen vor und nach den Haupt­nachrichten, die ebenfalls für staatliche Maßnahmen und An­ordnungen warben. Kritische Fragen mussten sich Politiker­Innen fast ausschließlich dahin­gehend gefallen lassen, ob ihre Maß­nahmen ausreichend seien für den Gesundheits­schutz. Fast nie, ob sie zu weit gehen oder ihrerseits Schäden anrichten. Schäden durch die Maß­nahmen (einsames Sterben, psychische Folgen für die Kinder, Geschäfts­pleiten, Staats­verschuldung) wurden als „Corona-Schäden“ deklariert. Ein breiter Mainstream ist entstanden, gegen den - meinem Erleben zufolge - kaum an­zu­kom­men war, wenn man als einzelner Redakteur nicht selber als „Verharm­loser“ oder Schlimmeres ab­qualifiziert werden wollte.

Natürlich gab es immer wieder auch einzelne Beiträge, einzelne Sen­dungen, einzelne Themen­setzungen, die dem Auftrag nach­kamen, für ein aus­gewogeneres Bild zu sorgen. Sie bleiben meines Erachtens aber in der kaum wahrnehm­baren Minder­heit. Und bei der Frage zum Beispiel, ob die Impfung wirklich die Lösung ist oder welche Risiken und Schäden auch mit ihr einher­gehen, sind kritische Ansätze und Recherchen bis heute ein gefühltes Tabu. Dass das geschehen konnte, und wie - das sind Fragen, die sollten dringend jetzt, nach dem Abklingen der Pandemie, aufgearbeitet werden, denn sonst drohen ähnliche journalistische Unwuchten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch in der Zukunft. Und so oder so ist es dringend Zeit, dass Diversität in den Redak­tionen auch inhaltlich, bezogen auf gesell­schaftliche Posi­tionen, wieder forciert wird.

Denn nie war gefühlt so viel Konformismus wie heute. Und an dem kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk letztlich nur scheitern.

Der Kern des Problems ist für mich der Kern des Systems.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

ARD-Anstalt

Bei der Arbeit in meiner Anstalt sind mir während der Corona-Krise viele Missstände noch bewusster geworden, die es nach meiner Wahrnehmung im öffentlich-rechtlichen Umfeld schon lange vorher gab. Diese Missstände behindern an vielen Stellen ein sauberes journalistisches Arbeiten, wie ich es verstehe - und machen es manchmal sogar unmöglich. Den Grund dafür vermute ich in bestimmten ideologischen Prägungen, politischen Aus­richtungen und streitbaren Welt­anschauungen verschiedener Entscheidungs­träger in unserem Haus.

Bei der Auswahl und der Umsetzung von Themen im Programm erachte ich den Korridor von Meinungs­vielfalt und Pluralismus dadurch als von vornherein stark eingeengt. Konstruktive Kritik dazu, wie wir als Redaktion methodisch und inhaltlich an bestimmte Themen heran­gehen, wurde in meinem direkten beruflichen Umfeld schon mehrfach abgetan oder wegdiskutiert. Zum ersten Mal aufgefallen ist mir das im Zusammenhang mit islam­kritischen Bewegungen in unserem Sendegebiet. Themen, die bei unseren Empfängern stark konservative Reaktionen hervorrufen könnten, wurden vermieden.

Wer die für mein Empfinden einseitige und teilweise manipulative Bericht­erstattung zur Corona-Krise zur Diskussion stellen wollte, wurde innerhalb der Redaktion schnell zum Verschwörungs­theo­retiker erklärt und spöttisch belächelt. Echte inhaltliche Auseinander­setzung habe ich persönlich mit derartiger Kritik nie erlebt.

In der Masse unserer Programm­beiträge zum Thema Corona habe ich Gesprächs­partner wahrgenommen, die den politischen Kurs in dieser Sache stützen und propagieren. Maßnahmenkritiker oder Experten, die vom vermeintlichen Mainstream-Konsens abweichen, sind mir maximal in Neben­sätzen von Beiträgen aufgefallen.

Was ich hierbei zu spüren glaube ist eine diffuse unaus­gesprochene Übereinkunft innerhalb vieler Redaktionen darüber, dass sämtliche Krisenmaßnahmen der Politik richtig und nicht zu hinterfragen seien. Dieses Gefühl deckt sich mit der Aussage eines älteren Kollegen, der mir schon vor vielen Jahren erklärt hat, dass in unserer Anstalt niemand Karriere mache, der sich zu Regierungs­entscheidungen kritisch äußert.

So sind wir in unserem Programm meines Wissens nie darauf eingegangen, dass die offiziell propa­gierten Zahlen der Corona-Toten nach­weislich verfälscht sind, dass der PCR-Test von vielen an­er­kannten Wissen­schaftlern als in diesem Zusammen­hang nichts­sagend eingestuft ist, dass bei den Zahlen der belegten Klinik­betten getrickst und betrogen wurde oder dass die „Corona-Schutzimpfungen“ offenbar mit starken Gesundheits­schäden und vielen Todesfällen weltweit einhergehen. Der journalistische Reflex, solchen Täu­schungen und Ungereimt­heiten investigativ nachzugehen, scheint mir bei vielen meiner Kollegen komplett abgeschaltet zu sein. Tatsachen und Indizien, die den offiziellen Erzählungen widersprechen, werden vielmehr nach dem Motto „Das kann doch nicht wahr sein!“ ausgeblendet. In der Konsequenz habe ich seit vielen Monaten den Eindruck, an einer Dauerwerbe­sendung für die Impfstoffindustrie mitzuwirken, in die sich die Mehrheit meiner Kollegen mit großem persönlichen Eifer einbringt.

Diese Kollegen sind - glaube ich - tatsächlich felsenfest davon überzeugt, das Richtige zu tun. Dabei versäumen sie allerdings nach meiner Auffassung ihre journalistischen Aufgaben - Widersprüchen auf den Grund zu gehen und Skandale aufzudecken - und verwechseln scheinbar neutrale Bericht­erstattung mit der Missionierung und Erziehung der Bevölkerung in eine bestimmte Richtung, die sie persön­lich für die einzig richtige halten.

Das fängt an beim Reporter, der beim Bericht über einen „Montagsspaziergang“ aus­schließlich Teilnehmer der Gegen­demonstration befragt, und hört auf bei der Redak­teurin, die im Beitrag über Impf­veranstaltungen in gefühlt jedem Satz hervorhebt, wie das „Schreckgespenst Corona“ uns allen ins Mark fahre und wie wichtig die „lebensrettenden Impfstoffe“ seien - statt sich rein an die Geschehnisse und Fakten zu halten, um die es eigentlich in ihrem Beitrag geht.

Wirklich erschüttert hat mich in diesem Zusammenhang eine Situation, in der eine entscheidende Person meiner Anstalt für meine Begriffe unmittelbar in die redaktionelle Arbeit eingegriffen hat. Wir hatten bereits seit Monaten einen anerkannten Experten als Gesprächspartner im Programm, wenn es um das Corona-Thema ging. Auffällig erschien mir, dass dieser Mensch so gut wie nie kritische Anmerkungen zum Regierungskurs machte. Dann trat er eines Tages in einem anderen Sender auf und ließ dort auch kritische Töne zur Corona-Politik hören. Am Tag nach diesem Auftritt teilte die erwähnte Person unserer Redaktion mit, sie solle die Aussagen des Experten künftig genauer ver­folgen. Falls er sich weiterhin derart äußern sollte, wie er es bei besagtem Auftritt getan hatte, müsse man sich wohl nach einem „anderen Experten“ für unser Programm um­schauen.

Wenn ich in Berichten im Zusammenhang mit der Corona-Krise die Begriffe „Massenhypnose“ und „Realitätsverlust“ lese oder höre, dann fühle ich mich schon sehr stark an das erinnert, was ich seit bald zwei Jahren tagtäglich in meiner Anstalt beobachte. Objektiven Journalismus habe ich mir jedenfalls mein Leben lang anders vorgestellt.

Ein erster Ansatz, um die von mir gefühlten Missstände im öffentlich-rechtlichen System zu beseitigen, könnte es in meinen Augen sein, die Regierungsnähe verschiedener Führungs­kräfte zu beleuchten und vor allen Dingen auch die fest­gewachsenen Hierarchien in den Anstalten auf­zulösen. Diese scheinen mir in erster Linie dem reinen Selbsterhalt zu dienen und daneben die freie Entfaltung von Meinungsvielfalt, offener Diskussionskultur und echter Pluralität von Lebens­wirk­lich­kei­ten zu verhindern. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks heißt meines Wissens weder Er­ziehung noch Steuerung seiner Nutzer, und schon gar nicht lautet er, persönliche Weltanschauungen und Abhängigkeiten Einzelner zur Triebfeder der Arbeit von vielen zu machen. Aus­gewogene Bericht­er­stattung, nichts anderem als der Wahrheit verpflichtet, ist der klare Auftrag, dem wir alle nach­zu­kommen haben. So glaube ich es irgendwann einmal gelernt zu haben.

Ich beobachte die Berichterstattung im Öffentlich-Rechtlichen schon ein paar Jahre sehr kritisch.

Richard Petersen

Ingenieur Norddeutscher Rundfunk (NDR)

Der „Faktenfinder“ der „Tagesschau“ ist für mich ein guter Indikator dafür, welches Narrativ gerade wieder hochgehalten werden muss. Die von Herrn Gensing, Chef vom „Faktenfinder“, in seinen Artikeln benutzten Links sind nach meinen Recherchen zum sehr großen Teil Referenzen auf eigene Artikel. Verweise auf externe Quellen habe ich bei ihm eher selten gefunden… Es gibt in Deutschland zwar kein Wahrheitsministerium; aber es gibt den „Faktenfinder“ (tagesschau.de/faktenfinder) der „Tagesschau“, der für mein Gefühl ähnliche Aufgaben wahrnimmt.

Schon zu Beginn der Corona-Krise habe ich den „Faktenfinder“ so verstanden, dass er viele bis dahin namhaften Wissenschaftler, die eine andere Meinung vertreten als die „Experten“ der Regierung, als nicht vertrauenswürdig abstempelt. Durch mutmaßliche Hypothesen sollten deren Meinungen offenbar widerlegt werden. Ein von mir sehr geschätzter Ex-Blogger (blog.fdik.org) hat einmal den Begriff „Faktensucher, aber niemals -finder“ geprägt.

Am 20.05.2020 schrieb Julia Klaus im ZDF-Faktencheck ‚Was dran ist am Impfzwang-Geraune‘​ (zdf.de): „Prominente Verschwörungstheoretiker wie Ken Jebsen fürchten eine ‚Impfpflicht über die Hintertür‘​, wie er in einem über zwei Millionen Mal geklickten YouTube-Video sagt. Wer keinen Immunitätsausweis habe, könne an bestimmten Veranstaltungen nicht mehr teilnehmen, so die Befüchtung. [...] Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums vermutet hinter dem Online-Geraune [...] eine Agenda: ‚Es handelt sich um eine Kampagne, die in den Sozialen Medien losgetreten wurde, wo fälschlicherweise behauptet wurde, eine Impfpflicht wäre geplant.‘​“ Wer lag schlussendlich näher an der Warheit - Ken Jebsen oder der ZDF-Faktencheck?

Wolfgang Wodarg (wodarg.com) hatte 2009 in der NDR-Doku „Profiteure der Angst“ noch als Experte seinen Platz. Jetzt wird er diskreditiert. Dabei behauptete er in der Corona-Krise nichts anderes als in eben genannter NDR-Dokumentation. Anscheinend macht sich niemand die Mühe, die sehr kritischen Fragen der diskreditierten Wissenschaftler ernsthaft zu bearbeiten. Nach dem Motto: „Die Regierung wird's schon richten…“

Jahrelang hat die Politik behauptet, dass kein Geld für wichtige Projekte (Schulsanierungen, Gesundheitssystem etc.) vorhanden sei. In der „Pandemie“ ist jetzt aber scheinbar jede Menge Geld da, um dies den Pharmafirmen „in den Rachen zu werfen“.

Ende Februar 2022 schrieb der Vorstand der BKK Provita einen Brief u.a. an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), in der er auf eine statistische Auswertung der Patientendaten seiner Krankenkasse zum Thema Impfnebenwirkungen verwies (WELT, BKK Provita). Demnach wäre die Quote der Impfnebenwirkungen erheblich größer als vom PEI gemeldet. Anstatt darauf zu drängen, dass auch andere Krankenkassen einmal ihre Daten auf diesen Aspekt hin überprüfen sollten, wird der Überbringer dieser schlechten Nachricht von den Medien diskreditiert und vom eigenen Verwaltungsrat kurzfristig entlassen. Bei ARD Aktuell finde ich (außer zwei Blogeinträgen) nur einen Artikel auf der Webseite zu diesem Thema, und dieser diffamiert schon in der Überschrift: „Analyst steht ‚Querdenkern‘ nahe“. [Anmerkung des Teams von meinungsvielfalt.jetzt: Der erwähnte Artikel ist zwischenzeitlich von der ARD-Seite verschwunden, aber noch in diesem Internet-Archiv zu finden: archive.org.] In der Tagesschau hat man gar nicht über die Analyse der BKK Provita berichtet.

Im März 2020 bekam ich den Auftrag, eine Hörfunk-Reportage mit Reaktionen aus der Kulturbranche auf den bevorstehenden Lockdown zu machen.

Mitarbeiter

ARD-Anstalten

Ich sprach damals mit verschiedenen Akteuren aus der Szene. Keiner war erfreut darüber, nun nicht mehr als Veranstalter, Schauspieler, Tontechniker oder Musiker arbeiten zu können. Aber alle waren mit den Maßnahmen einverstanden. Mit einer Ausnahme. Ein britischer Musiker verwies auf den Freiheitsauftrag seiner Kunst einerseits, andererseits auf die Vielfalt der Perspektiven: Macht es Sinn, sich auf eine Interpretation, eine Prognose, eine Sichtweise zu konzentrieren? Und wie steht es um deren Wahrheitsgehalt?

Diesen Standpunkt fand ich erwähnenswert, denn er deckt sich ja mit dem Auftrag des Journalisten, stets die verschiedenen Sichtweisen, Interpretationen und Interessen aufzuzeigen und zu hinterfragen.

Der Redakteur der Sendung fand den Standpunkt auch wichtig, bat mich aber trotzdem, die betreffende Stelle rauszustreichen. Das würde ihm Scherereien mit seinen Vorgesetzten ersparen.

Zensur, vorauseilender Gehorsam, Feigheit oder die weise Voraussicht, einen Kampf nicht anzuzetteln, den man sowieso nicht gewinnen kann?

Wir haben lange über den redaktionellen Eingriff diskutiert. Einverstanden war ich nicht, aber ich habe ihn am Ende doch akzeptiert. In den Telefonaten mit dem Redakteur - den ich nach wie vor sehr schätze - habe ich herausgehört, dass unterschiedliche Sichtweisen überhaupt nicht erwünscht seien. Inhaltlich könne man sich an dem ausrichten, was Christian Drosten publiziert. Dass andere Experten die Einlassungen des Virologen kritisch sehen, sei zwar eigentlich wichtig zu wissen, man könne es aber für sich behalten.

Die Telefonate mit dem Redakteur fühlten sich an wie ein Krieg, in dem wir beide von einem unsichtbaren Gegner umstellt sind. Im Flüsterton erklärte er mir, dass er sich kaum noch traue, „mit irgendjemandem über irgendetwas“ zu reden. Diese Erfahrung habe ich auch im Gespräch mit den wenigen anderen Kollegen gemacht, mit denen man noch offen sprechen konnte. Es war, als wären die öffentlich-rechtlichen Sender von innen mit Watte ausgekleidet, die alles erstickt, was von außen an sie herangetragen wird: jedes offene Gespräch, jede Diskussion, jeden neuen Gedanken, jede Alternative.

Ist das noch Journalismus?

Mitarbeiterin

ARD-Anstalt

Journalismus bedeutet, alle Meinungen und Blickwinkel in der Bericht­erstattung zu Wort kommen zu lassen. Es hat den Anschein, als sei dieses Prinzip seit der Corona-Pandemie dahin. Zudem kommt es mir so vor, als gelten in der Bericht­erstattung zu Corona vor allem die Meinungen, die sich für die Corona-Maßnahmen aussprechen, und diejenigen, die der Regierung nach dem Mund reden. Kritik an der Regierung? Gibt es kaum noch. Als Journalistin beobachte ich, dass die Bericht­erstattung größtenteils einseitig ist. Wer in Konferenzen etwas anderes sagt oder andere Meinungen und Themen vorschlägt, wird schräg angeguckt und muss damit rechnen, gefragt zu werden, ob er oder sie jetzt zu den Querdenkern gegangen ist. An dem Narrativ, dass der Ausweg aus der Pandemie nur die Impfung sei, wird auf Biegen und Brechen festgehalten - auch entgegen anderen Meinungen und Erfahrungen. Es zählen scheinbar nur die Wissen­schaftler, die die „Mainstream-Meinung“ haben - als wären alle anderen Querdenker, Rechte, Corona-Leugner oder Spinner.

Doch leider ist das kein Journalismus. Denn der journalistische Diskurs lässt auch andere Meinungen zu. Dass wir aufgrund der deutschen Geschichte keine Meinungen aus der rechten Szene zulassen, ist mehr als nach­vollziehbar. Aber Menschen, die eine andere Meinung zu Corona haben, gleich als rechts abzustempeln, ist meiner Meinung nach absurd. Mittlerweile gehen Menschen aus der bürgerlichen Mitte auf die Straße. Menschen, die sich Sorgen machen um unsere Demokratie und unsere Werte. Doch in der Bericht­erstattung scheinen sie unerwünscht zu sein. Ich habe sogar Kollegen gehört, die sagten: „Wir wollen ihnen kein Forum bieten.“ Gleiches gilt für Berichte über Impf­schäden. Sie seien, so heißt es, marginal und wissen­schaftlich so wenig nachprüfbar, dass sie zu vernach­lässigen seien.

Aber was ist das für ein Journalismus, der größtenteils nur noch eine Meinungsrichtung präsentiert und als richtig anerkennt? Was ist das für ein Journalismus, der den wissenschaftlichen Diskurs nicht mehr allumfassend abbildet, sondern fast nur noch jene Wissen­schaftlerinnen und Wissen­schaftler zu Wort kommen lässt, die sich für die Maßnahmen aussprechen? Was ist das für ein Journalismus, der abertausende demonstrierende Menschen in die Ecke der Spinner und Unwissenden abtut? Was ist das für ein Journalismus, der die Regierung kaum noch kritisiert? Der im Meinungs­bildungs­prozess nicht mehr alle Perspektiven ausgewogen berücksichtigt?

Das ist kein Journalismus mehr, der als „Vierte Gewalt“ im Staat bezeichnet werden kann, sondern einer, der mit der Regierung eher gemeinsame Sache macht, wie mir scheint. In Artikel 5 des Grundgesetzes wird die Presse­freiheit gewährleistet und betont, dass eine Zensur nicht stattfindet. Seit Corona findet diese Zensur meiner Meinung nach statt - nur viel perfider, als ich das jemals für möglich gehalten hätte.

Seit Jahren werden wir durch Schulungen und - nennen wir es mal freundlich - Redaktionsdirektiven angehalten, unsere Beiträge in „Storytelling“-Manier zu verfassen.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

Bayerischer Rundfunk (BR)

Das heißt: Alles, was unsere „Protagonisten“ (die Menschen, über die wir berichten, sind also „Darsteller“!!!) sagen und tun, dient dem Aufbau eines Spannungsbogens. Es geht um eine Herausforderung, die zu bewältigen ist.

Sie können sich vorstellen, dass solche filmischen Verrenkungen mit „Protagonisten“, die ihr Metier gut beherrschen, manchmal geradezu groteske Züge annehmen. Denn eigentlich soll unser „Protagonist“ - so der Wunschtraum des Redakteurs - scheitern. Böse formuliert: „Hans Wurste für Filmaufnahmen gesucht!“

Wir benutzen Menschen, über die wir berichten, für ganz bestimmte Ziele und Zwecke, die auf den ersten Blick legitim und gut und richtig zu sein scheinen. Wenn es zum Beispiel um Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz oder gesundes Leben geht. Bis Corona war mir aber nicht bewusst, dass es sich hier um ein gesteuertes Framing handelt.

In Fortbildungen werden uns gebetsmühlenartig immer wieder die dazu erforderlichen Formeln eingedrillt, und dabei wird mit unserer Angst, Scham und Abhängigkeit ge­ar­beitet. Es ist, als hätte man ständig eine Knute im Genick.

Mittlerweile kann ich nicht mehr beurteilen, was gut und richtig ist. Aber ich weiß, dass ich Menschen für Dinge benutze, für die sie sich selbst nicht frei entscheiden können. Und damit wird jede Geschichte, mag sie auch noch so harmlos erscheinen, zu einem kleinen Baustein für politische Ziele.

Ich war immer stolz darauf gewesen, vor und hinter der Kamera für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland zu arbeiten.

Katrin Seibold

Ex-Redakteurin, -Reporterin, -Autorin und -Moderatorin Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) und 3sat

Besonders mit dem Kultursender 3sat habe ich mich identifiziert, da das Gemeinsame des deutschsprachigen Kultur- und Sprachraums mir am Herzen liegt und darin jetzt ein besonderes Potenzial zum Erhalt von Werten und zur gesellschaftlichen Veränderung liegt. Zu meinem großen Bedauern sehe ich den Auftrag, mit dem ZDF und 3sat angetreten sind, nicht mehr erfüllt.

Ich bin seit 1997 bei ARD und ZDF, in Hörfunk und Fernsehen, tätig gewesen - auch im Ausland, auf Dreh und in Auslandsstudios. Dass in diesen Strukturen offenbar etwas sehr Verkrustetes, Altes sitzt, ist mir von Anfang an aufgefallen. Es schien mir im Laufe der Zeit immer wieder undurchsichtig und unauflösbar. Jetzt ist für mich die Zeit gekommen, in der sich hoffentlich endlich etwas ändert. Dies sollte u. a. dadurch geschehen, dass Ehemalige und Noch-Mitarbeiter aufstehen und davon erzählen, was in den vergangenen Jahren schiefgelaufen ist.

Die Worte „Nestbeschmutzer“ oder „Whistleblower“ für diese Menschen zu verwenden, dient meiner Ansicht nach ihrer Abwertung oder soll sie „zum Abschuss freigeben“. Doch sollte für mich diese Informationweitergabe in einer Demokratie immer stattfinden können - für den Grundsatz der Wahrheitsfindung mittels der Meinungsfreiheit, für einen offenen kontroversen Diskurs zum Ziele eines Meinungsbildungsprozesses für die Rezipienten und der gesellschaftlichen Vielfalt und Einheit.

Ich war dabei, als Beiträge „gefaked“ wurden. Ich habe selbst als Redakteurin in der Schlussredaktion gesessen und hätte die Inhalte der tagesaktuellen Sendung gern anders gestaltet. Letztlich braucht es aber nur den einen Chef vom Dienst, der die Macht und Möglichkeit hat, die Sendung nach seinem Gutdünken zusammenzustellen. Da kann der Diskurs in der Redaktionskonferenz und die Vorbereitung durch die Planungskonferenz noch so kontrovers sein.

Natürlich sind viele Mitarbeiter daran beteiligt, dass eine gute Sendung zustande kommt. Doch die politische Ausrichtung, die Gewichtung von Themen, die Auswahl und das Einladen eines Studiogastes, die Gestaltung von Moderationen und der Einsatz sowie die Auswahl von Beiträgen liegt an einem Sendetag stark in dieser einen Hand. Im Schulterschluss mit dem Moderator kann diese eine Stimme viel lenken.

Mir wurde oft die Frage von Außenstehenden gestellt, wie es denn sein könne, dass besonders seit März 2020 mit dem Beginn von Corona so einseitig berichtet werden konnte. Die Hypothese, dass da jemand aus der Bundesregierung zum Hörer greift und im Sender durchgibt, wie berichtet werden solle, habe ich immer für sehr unwahrscheinlich gehalten und so etwas geantwortet wie: „Das kann ich mir nicht vorstellen und habe ich so nicht erlebt. Das halte ich für eine inkompetente Vorstellung von jemandem, der das System ‚Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk‘ nicht kennt. Wir Redakteure lesen die Agenturen, rezipieren die Tages- und Wochenpresse und halten natürlich Augen und Ohren in alle Richtungen offen.“ Diese meine Antwort implizierte, dass wir Berichtsfreiheit genießen.

Dennoch ist nun, bis zum Frühjahr 2022, so vieles falsch gelaufen und offensichtlich geworden, dass ich folgendes nach allen Beobachtungen und Erfahrungen für möglich halte. Chefs vom Dienst erhalten öfter, das weiß ich aus unmittelbarer Erfahrung, einen Anruf von der Hauptredaktionsleiterin oder der Redaktionsleitung, was am Tag besonders gewünscht sei. Diese Botschaft könnte möglicherweise wiederum die Marschrichtung ihres Chefredakteurs, ihres Intendanten oder der entsprechenden Partei oder Interessenvertretung im Fernsehrat entsprechen und dieser Genüge tun wollen. So einfach kann das bei einzelnen Nachrichten sein, damit sie in eine bestimmte Richtung gehen. Da kann vorher ein komplexer Meinungsbildungsprozess, eine multipolare Debatte in der Redaktion durchaus stattgefunden haben.

Es braucht also in meinen Augen nur ein paar Leitwölfe in einer Redaktion, die die mutmaßliche „Blatt- oder Senderlinie“ verinnerlicht haben. Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass sie womöglich gewissen Anreizen erliegen, und wenn das nur die internen Lorbeeren, die Anerkennung im Team oder ihrer Chefin sind. Am wirksamsten scheint es mir zu sein, wenn diese Leitwölfe dann Journalistenpreise gewinnen. Daran sehen alle: Wenn Du zum Beispiel einen Beitrag „gegen rechte Tendenzen“ oder „gegen Rassismus“ machst, dann steigst Du im Ansehen und kommst in Deiner Laufbahn als Berichterstatter nach vorn.

Was aus der Sicht der Führungskräfte mutmaßlich auch „gut“ funktioniert, ist, dass ganze Redaktionen prämiert werden. Wenn sie einen schwierigen Prozess hinter sich haben, etwa eine Umstrukturierung oder eine Personalkürzung, dann bekommen diese Redaktionen schon mal plötzlich und unerwartet einen Preis. Dass die Jury dieses Preises von Altvorderen aus ARD und ZDF besetzt ist, spielt in dem Moment kaum eine Rolle. Es gibt einen Sektempfang, organisiert von Vorgesetzten, die Presseabteilung schickt Meldungen raus, und irgendein anderes Medium berichtet darüber. Und schon hast Du möglicherweise ganz viel Gelenkschmiere in eine Mannschaft hineingegossen, die innerlich zerrissen ist, in der Grabenkämpfe stattfinden oder Einzelne mit einer „anderen Meinung“ ausgegrenzt werden.

So schafft - nach meiner Beobachtung - die Führung eine Pseudoeinheit, die dann teilweise im Inneren von einzelnen Mitarbeitern aufklafft. Mitarbeiter sind dann zwar scheinbar im Team integriert, fühlen sich aber immer mehr wie im falschen Film.

Der Redaktion „Kulturzeit“ ist genau dies widerfahren. Zuerst hatte die Redaktion zwei Chefwechsel durchlaufen. Unmittelbar danach wurde dem gesamten Team der strapaziöse Umzug aus den beliebten Zweier- und Dreierbüros in ein Großraumbüro zugemutet. Dieser Schritt war umstritten, ja, er war von vielen Redakteuren abgelehnt worden. Dennoch setzte die neue Leitung diesen Schritt so um, dass die Redakteure selbst den Umzug zu planen und umzusetzen hatten.

Schließlich, in den neuen Räumlichkeiten, hatte das neue Büro wegen der Ausdünstung von ungesunden Dämpfen für gesundheitliche Beeinträchtigungen der Redakteure gesorgt. Das ZDF hat nach umfangreichen Versuchen zur Verbesserung lieber ein zusätzliches Gutachten über die bürointernen Schadstoffwerte in Auftrag gegeben, um am Ende sagen zu können: „Die Zahlen stimmen“, anstatt die ärztlich belegten und am Krankenstand ablesbaren Beschwerden der Mitarbeiter konsequent ernst zu nehmen.

Und als dann endlich der Zeitpunkt erreicht war, wo die Redaktion aufatmen konnte, wurde plötzlich der Redaktion der „Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis“ verliehen. Diese Ehrung kam nicht nur mir vor wie eine Art Lenkungsinstrument, um offenen Unmut zu vermeiden und kritische Stimmen zu ersticken. Wenn man sich die Liste der Vereinsmitglieder des Preises ansieht, wird der Hintergrund schnell klar: Es sind fast ausschließlich Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Während der vergangenen zwei Jahre habe ich diese Entwicklung verstärkt wahrgenommen. Und auch, dass diese Entwicklung manche Mitarbeiter an den Rand der Selbstverleugnung bringt. Manche entwickeln massive Resignationsgefühle, müssen sich verstellen, fühlen sich teilweise wie schizophren oder gespalten, bekommen im schlimmsten Falle langfristige Depressionen oder gehen durch tiefe Lebenskrisen. So habe ich es in meinem Umfeld beobachtet und miterlebt.

Außerdem vermute ich: Da der öffentlich-rechtliche Rundfunk gut bezahlt und viele Mitarbeiter, wenn sie schon länger dabei sind, sich dort vertraglich relativ sicher fühlen, kündigen sie nicht. Die Nachrichten vom unsicheren Arbeitsmarkt oder aus der freien Wirtschaft - gerade zu Corona-Zeiten - tun ihr Übriges. Viele Mitarbeiter bewegen sich offenbar in einer heiteren Blase, einer seltsamen Unbekümmertheit und allgemeinen Heiterkeit im Redaktionsalltag einerseits, einem zu engen Meinungskorridor andererseits. Mir schien, viele halten die inneren Zerwürfnisse irgendwie aus, auch wenn das zunehmend schwieriger wird, - in Zeiten, wo zum Beispiel Ungeimpfte jeden Morgen ihren frischen Bürgertest schriftlich im Sekretariat abzugeben haben.

Das sah ich als „Vorgeführtwerden“ von Einzelnen, und darauf ist niemand scharf. Bei uns mussten die Geimpften ab einem gewissen Zeitpunkt ihren Nachweis im Sekretariat abgeben, was bis vor kurzem qua Gesetz eine private Information war, die den Arbeitgeber nichts anging. Nicht umsonst ist auf den ärztlichen Bescheinigungen für den Arbeitgeber bei Krankheit keine Diagnose angegeben. Hier gilt also noch das alte Recht, dass Gesundheitsinformationen eines Bürgers privat sind. Warum wurde über diese Ausgrenzung nicht systemselbstkritisch gesprochen, wo doch Journalisten qua Jobbeschreibung eklante gesellschaftliche Veränderungen in den Blick nehmen und Diskriminierung und Ausgrenzung einzelner als gesellschaftliches Faux-pas angesehen werden?

Die Öffentlich-Rechtlichen erscheinen mir umso mächtiger im Gesamtbild der Bevölkerung, je mehr Verunsicherung insgesamt herrscht. Dies gilt, weil die Hauptnachrichten der Leitmedien immer noch als „Garanten für Wahrheit“ angesehen werden. Nicht umsonst haben die etablierten großes Tageszeitung wie auch die Nachrichtensendungen der Öffentlich-Rechtlichen seit Beginn der Pandemie enormen Leser- bzw. Zuschauerzuwachs erhalten.

Es wird Zeit, dass ein tiefgreifender Reformprozess stattfindet. Von den Gerichten und der Politik kann dieser schwerlich ausgehen. Denn die beiden großen Volksparteien sind meines Wissens durch die Proporz-Regelung „sicher im Sattel“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Wenn der Leiter einer Abteilung konservativ-schwarz ausgerichtet ist (CDU-nah), dann muss der Stellvertreter rot (SPD-nah) sein und umgekehrt. Und das war meines Erachtens früher noch strenger geregelt als jetzt. Die Interessenvertreter im Fernsehrat sollten von einer kritischen Öffentlichkeit streng unter die Lupe genommen werden - allen voran die beiden Hauptkirchen und Vertreter der muslimischen und jüdischen Gemeinden. Wofür sie genau stehen, welche "Strippen" sie ziehen und in welche Richtung, das muss für mich von den anderen Medien, wahrhaft freien, unabhängigen Stimmen, offengelegt und diskutiert werden.

Erst, wenn alles neu sortiert ist und sich alle Menschen oder Bürger mit ihrer Ehrlichkeit und ihren wahren Wünschen, Notwendigkeiten und Anliegen darin wieder wahrgenommen fühlen, dann habe ich Hoffnung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich habe dann wieder Hoffnung, wenn Kollegen nicht mehr mutmaßlich nach der Maßgabe redaktionelle Entscheidungen fällen, ob sie weiterhin Vorteile, Privilegien, ein sicheres Gehalt haben und „schöne“, also gefällige und erwartbare Geschichten erzählen können. Ich habe dann wieder Hoffnung, wenn es allen Journalisten wieder wirklich um die Sache, um relevante Themen und echten Journalismus geht.

Der deutschsprachige Raum muss sich entscheiden, ob er sich derart leiten lassen will, von „den einzigen Behörden, die sich einen eigenen Sender leisten können“. Über diese Formulierung wird im ZDF intern regelmäßig geseufzt und geschmunzelt. Ich höre diesen Satz schon seit den 80er-Jahren, und trotzdem hat sich das im Kern nicht geändert. Der Bürger muss Gebühren zahlen, und trotzdem lenken die Mächtigen der Rundfunkanstalten ihre Schiffe in meinen Augen in Richtung privatwirtschaftlicher Medienunternehmen. So formulieren es seit Jahren Intendant und Programmdirektor. Hier sollte sich die interessierte Öffentlichkeit klar ins Gesicht sehen - ebenso wie die Politik, das Bundesverfassungsgericht und die Medienmacher selbst.

Ein Schlüssel könnte sein: Wenn alle wieder zum Wohle des Ganzen denken und handeln, dann kann sich das System von innen heraus wandeln. Solange jeder zuerst an seine eigene Selbsterhaltung und seine Vorzüge denkt, wird alles beim Alten bleiben. Da können noch so viele Demonstranten vor den Medienhäusern aufmarschieren.

Journalistisch braucht es die Anerkennung verschiedener Narrative und nicht die Verengung auf nur ein einziges Narrativ, das offenkundig die Politik nahelegt. Es geht um den Erhalt unserer demokratischen und gesellschaftlichen Grundwerte. Ob wir diese zurückholen bzw. erhalten, hängt von der öffentlichen Meinung ab. Wir Medienmacher haben eine enorme Verantwortung. Meines Erachtens ist zahlreichen Rundfunkmitarbeitern die Höhe dieser Verantwortung nicht genügend bewusst. Wären sie wirklich den Gesetzen des freien Marktes in aller Konsequenz ausgesetzt, sähe unser Rundfunkprogramm schnell anders aus.

Die Frage ist jedoch, ob wir uns das wünschen sollen. Denn der Schutz von freier Programmgestaltung, die Berichtsfreiheit von Journalisten und die Staatsferne sind ein hohes Gut. Holen wir uns dies alles zurück! Noch sind diese und andere Werte im Medienstaatsvertrag verankert. Doch die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, hat Anfang Januar 2022 die Bürger dazu aufgerufen, bis Mitte Januar Vorschläge für eine Reform von ARD und ZDF einzureichen. Auf diese Weise wird sie hinterher immer sagen können: die Bevölkerung hätte ja die Chance gehabt, sich einzumischen. Die Entscheider hätten redlich versucht, die Vorschläge einzubeziehen.

Der Prozess eines Umbaues läuft also bereits – und bekanntermaßen lassen sich hier die Entscheider der Sendeanstalten und der Politik wenig in die Karten schauen. Umso wichtiger ist eine wache Öffentlichkeit, die sich nicht kurzschließt mit den Mächtigen der Öffentlich-Rechtlichen oder der Marschrichtung der Regierung, sondern die kritisch diesen Prozess mitverfolgt und eingreift.

Transparenz ist hier gefragt. Und meinungsstarke, mutige Journalisten und Bürger, die sich ihre Organe der Vierten Gewalt zurückholen. Möge dies gelingen.

[Statement vom Frühjahr 2022]

 

Ich war meinem Sender gegenüber immer loyal.

Mitarbeiterin

Westdeutscher Rundfunk (WDR)

Es gab in 20 Jahren keinen Tag, an dem ich nicht gerne zur Arbeit gegangen bin (auch wenn ich wegen meiner Kinder in Teilzeit arbeite). Ich mochte meine Kollegen, und sie mochten mich. Ich habe einen guten Draht zu meinen Vorgesetzten, das Arbeitsklima und die Arbeits­bedingungen habe ich immer als positiv bewertet. Das C-Thema änderte für mich leider alles.

Kollegen, die ich seit 20 Jahren kenne und schätzte, distanzieren sich von mir, kritisches Nachfragen bei den Journalisten bleibt unbeantwortet. Sie strafen mich mit Ignoranz oder mit den Worten „mit dir diskutiere ich nicht darüber“. Für sie bin ich der „Corona-Leugner“, der „Verschwörungs­theoretiker“, kurzum - die ganze Klischee­schublade einmal aufgemacht und wieder zugemacht. Ich gehe ja auch „mit Rechten Schulter an Schulter“ auf die Straße. Dass ich mich sonst eher links eingeordnet hätte und mich immer schon gegen Diskriminierung jeglicher Art stark gemacht habe, ist wohl vergessen.

Hinweise meinerseits, beispielsweise auf die fragwürdige Aussage­kraft des PCR-Tests oder die Kritik an bestimmten Maßnahmen oder Grundrechts­einschränkungen, stießen auf völliges Unverständnis. Auch mein persönliches Problem mit der Maske und mein Attest wurden nicht ernst genommen. Um Konflikten aus dem Weg zu gehen und meinen Kollegen kein Futter zu geben, trage ich sie in deren Gegenwart, und nur bei mir wohl­gesonnenen Kollegen sitzen wir maskenfrei bei der Arbeit. Als ich einigen Kollegen von Menschen in meinem Umfeld erzählte, die schwerste Neben­wirkungen oder gar Todesfälle nach den Impfungen erfahren haben, hat niemand Interesse gezeigt, darüber zu berichten. Ich bin einfach nur fassungslos, dass gebildete Menschen offenbar so blind sind, die eigentlich einiges wissen müssten über die Macht der Bilder, über die Manipulation durch Zahlen, die nicht ins Verhältnis gesetzt werden, und über all die für mich seit Beginn der sogenannten Pandemie offen­sichtlichen Mechanismen der Panikmache, der Manipulation und der Propaganda.

Wie kann es sein, dass Menschen sich in so einer, wie ich es nenne, „kollektiven Psychose“ befinden? Dass sie alles so Offen­sichtliche, wie die von mir gefühlte Zensur und die von mir gefühlte Meinungs- und Wahrnehmungs­monopolisierung nicht sehen? Wir brauchen dringend einen Kurswechsel, damit das Schlimmste noch abgewendet werden kann.

Ich hätte es niemals für möglich gehalten, schäme mich aber zutiefst dafür, dass viele Kollegen nach meiner Einschätzung ihrer Verantwortung nicht nachkommen. Denn die öffentlich-rechtlichen Medien haben eine enorme Macht. Und ich mache sie mit­verantwortlich für die unsägliche Spaltung, die unsere Gesellschaft gerade erfährt.

Die Tendenzen, unkritisch und wenig multiperspektivisch zu berichten, waren für mich auch vor Corona schon in anderen Themenbereichen zu erkennen.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

Südwestrundfunk (SWR)

Für mich erschreckend, haben SWR-Kollegen, von denen ich annehmen musste, dass sie kritisch denkende Menschen und Journalisten seien, mir indirekt vorgeworfen, ein Spinner zu sein, weil ich die „falschen“ Fachleute zitiert habe. Erschreckend deswegen, weil sich das wie Zensur aus dem Inneren des Unternehmens heraus anfühlt.

Was sind das für Zeiten?

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

Westdeutscher Rundfunk (WDR)

Ich bin seit fast 30 Jahren im WDR. Das, was aktuell von den öffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland an größtenteils „Kampagnen-Journalismus“, wie ich es nenne, produziert wird, empfinde ich als unwürdig. Und als nicht zu rechtfertigen. Nun werden auch noch Mitarbeiter „entfernt“ - und die Masse an Kollegen und auch GEZ-Kunden sieht einfach zu.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht für Meinungsfreiheit: Nach welchem Recht können kritische Mitarbeiter blitzschnell entlassen werden?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht für Unabhängigkeit: Warum lässt er sich scheinbar zum Spielball von Politik und Wirtschaft (Pharmaindustrie) degradieren? Atemberaubendes Beispiel: „Quarks“. Eine Anfrage meinerseits an die Redaktion im Jahre 2020, warum sie nicht über Präventionsmaßnahmen - im Sinn von Sport und frischer Luft und alternativen Behandlungsmöglichkeiten der Corona-Erkrankungen - berichtet, wurde nicht einmal beantwortet.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht für Vielfalt und Pluralität: Warum gibt es ein für mich zählbares Übergewicht von Berichterstattung über die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen (Verwendung der „Inzidenz“ als Wert zum Erlass von Grundgesetz-Einschränkungen, Lockdowns, Maskenverwendung gegen Viren, Impfungen etc.), ohne sie kritisch zu hinterfragen? Warum werden Kritiker der genannten Maßnahmen so wenig wahrgenommen? Warum wird dieses Heer von seriösen Menschen weitgehend ignoriert, das nicht überzeugt ist von vermeintlicher Willkür, Profitgier und vermeintlichen Abhängigkeiten?

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ein Instrument der Demokratie: Warum wehren sich seine Angehörigen nicht mit aller Kraft gegen eine Aussetzung des Grundgesetzes in Sachen Meinungsfreiheit, körperliche Unversehrtheit, Versammlungsfreiheit und Wahrung der Persönlichkeitsrechte? Warum werden unbequeme Richter, Ärzte, Lehrer oder Eltern rechtlich belangt, wenn sie von ihrem geltenden Recht Gebrauch machen? - Die es verdient hätten, vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehört und auch geschützt zu werden?

Der kritische Journalismus, wegen dem ich vor 30 Jahren unbedingt zum WDR wollte, ist meiner Ansicht nach hauptsächlich einer Art von „Begleitung“ der Politik und der Industrie gewichen. Seine Suche nach den wahren Hintergründen von Missständen ist für mich nicht mehr erkennbar. Der öffentlich-rechtliche Journalismus treibt in meinen Augen, in früher nie vorstellbarem Ausmaß, einen Keil in die Gesellschaft, weil er vorgibt, die „Wahrheit“ zu kennen, und meint, sie missionarisch verbreiten zu müssen. Das kennt man von Religionen, die Kreuzzüge veranstaltet haben und deren Vertreter als „Märtyrer“ Ungläubige wegbomben. Von „Wertegemeinschaften“, die als vermeintlich Überlegene ihre Werte anderen Kulturen aufdrängen und unter Vorwänden Kriegsverbrechen begehen. Die mit dem Zeigefinger auf andere Staaten und Kulturen deuten und über die eigenen aktuellen Verbrechen weder berichten noch urteilen. Man kennt dies alles auch aus der jüngeren deutschen Geschichte. Ungerechtfertigter Vergleich? Der weiterhin drohende Einsatz von Zwangsmaßnahmen spricht für mich eine andere Sprache.

Ich kann auch nicht mehr.

Der ORF verwendet die PR-Aktion „Österreich impft“ der Regierung im Programm, um die Impfquote zu heben.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

Österreichischer Rundfunk (ORF)

(Dieses Statement ist von der Creative Commons Lizenz CC BY-ND ausgeschlossen. Es darf nicht ohne unsere schriftliche Zustimmung verbreitet werden.)

Es werden also im Zuge einer PR-Aktion Beitragsplätze im normalen Programm zu Impfthemen verplant, wobei von den Redakteuren erwartet wird, dass sie ausschließlich positiv über die Impfung berichten.

Der Redakteursrat hat dazu eine Stellungnahme des ORF-Generaldirektors angefordert. Aber der Redakteursrat ist ein zahnloses Instrument. Und der Generaldirektor meinte einfach, dass selbstverständlich in die journalistische Freiheit nicht eingegriffen werde.

Tatsächlich tragen fast alle ORF-Redakteure die Impf-Agenda mit - und die wenigen, die es nicht tun, wagen es nicht, dagegen aufzustehen.

Wozu bin ich eigentlich Journalist geworden?

Mitarbeiter

Deutschlandradio

Ende August 2020 habe ich an der Demo gegen die Corona-Politik im Berliner Tiergarten teilgenommen. Es war offensichtlich, dass dort mehrere hundert­tausend Menschen waren. Die Polizei dagegen sprach von 20.000 bis 30.000 Teilnehmer*innen, und die Nachrichten­agenturen haben diese Zahlen so weitergegeben. Wie kann man sich so sehr verschätzen? Und warum haben sich nicht viel mehr Journalist*innen wegen der falschen Angaben beschwert? Oder waren sie gar nicht in den Tiergarten gegangen?

Die Arbeit selbst macht inzwischen keinen Spaß mehr, denn ich habe das Gefühl, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk das von Bundes­regierung und RKI verbreitete Narrativ weitgehend übernommen hat. Obwohl wir jeden Tag ein kleines Watergate aufzuklären hätten, werden abweichende Meinungen als Verschwörungs­theorien gebrandmarkt.

Dass unser früherer Gesundheits­minister Jens Spahn und unsere aktuelle Außen­ministerin Annalena Baerbock den fragwürdigen Titel „Young Global Leader“ tragen, ist jedoch keine Verschwörungs­theorie, sondern lässt sich auf der entsprechenden Website des Weltwirtschafts­forums (WEF) nachlesen. Doch wie kann es sein, dass deutsche Minister*innen neuerdings an Fortbildungs­programmen einer global agierenden und nicht gewählten Konzern-Elite teilnehmen?

Auch dass es zahlreiche Wissenschaftler*innen gibt, die die Corona-Politik aufgrund ihrer Forschungs­ergebnisse an vielen Stellen widerlegt haben, wird geflissentlich übersehen. So wird nach wie vor von „Neu­infektionen“ gesprochen, obwohl vollkommen klar ist, dass sich das von Kary Mullis entwickelte PCR-Verfahren nicht dazu eignet, Infektionen nachzuweisen. Und dass tagtäglich von einer sogenannten Inzidenz die Rede ist, muss jeden Statistiker verzweifeln lassen, denn eine Inzidenz kann man sinnvoller­weise nur in Relation zu einer bestimmten Bezugs­größe angeben. Stattdessen wird ins Blaue hinein getestet, und alle Appelle, repräsentative Kohorten­­studien durchzuführen, verhallen ungehört.

Aber das passt zu einer Äußerung, die ich bereits im Frühjahr 2020 in einer Landes­rundfunk­anstalt hören musste. Damals sagte ein leitender Redakteur: „Bei uns wird es keine relativierende Bericht­erstattung zum Thema Corona geben.“ Ich habe mir diesen Satz notiert, denn er hat mein Vertrauen in den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk wohl für alle Zeiten erschüttert.

Wozu bin ich eigentlich Journalist geworden?

Glücklicherweise kenne ich beim Deutschland­radio inzwischen viele Kolleginnen und Kollegen, die sich aus der Deckung wagen - wobei Mitarbeiter aus Verwaltung und Technik genauso vertreten sind wie Kollegen aus der Redaktion. Wir alle sind ungeimpft und diskutieren regelmäßig über unsere Lage. Im Gespräch mit anderen deuten wir immer wieder unsere Meinung an. Nach wie vor hoffen wir auf die Rückkehr zu den üblichen journalistischen Standards - denn Meinungs­bildung ist nur möglich, wenn die gesamte Breite des Meinungs­spektrums abgebildet wird.

Was ich feststelle ist, neben den vielen unbeantworteten Fragen, wie sehr sich der Meinungskorridor verengt hat.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

Westdeutscher Rundfunk (WDR)

Ehrlich gesagt kann ich nicht abschließend beurteilen, wer in wissenschaftlichen Detailfragen am Ende richtig liegt. Dafür fehlt mir leider die Expertise.

Was ich aber feststelle ist, neben den vielen unbeantworteten Fragen, wie sehr sich der Meinungskorridor verengt hat.

Für mich waren zwei Beobachtungen sehr erhellend.

Die erste stammt aus einem Austausch, in dem es darum ging, wie der WDR diverser werden kann. Auch in dem Sinne, dass auch Meinungen abgebildet werden, die den vorherrschenden Narrativen widersprechen. Dabei ging es auch um Corona. Eine der Führungskräfte aus der Wissenschaftsredaktion sagte dann sinngemäß, man wisse schon, wer die richtigen Wissenschaftler seien - die anderen kämen nicht zu Wort.

Die zweite Beobachtung stammt aus einem „Tagesgespräch“ mit Tom Buhrow bei WDR 5. Eine Hörerin monierte sehr höflich, dass immer die gleichen Wissenschaftler und Experten im Programm auftauchen. Sie wünschte sich mehr Meinungsvielfalt, besonders bei Corona-Themen. Buhrows Antwort war sehr erhellend, weil er dem Eindruck der Hörerin widersprach und sinngemäß antwortete, dass ja auch die Aussagen des Virologen Streeck im Programm abgebildet werden. Wenn Drosten aber auf der Liste der erlaubten Meinungen ganz weit oben steht und Streeck offenbar das unterste Ende markiert - wie ist es dann um Meinungsfreiheit und Pluralismus bestellt?