Die Ausgewogenheit in ARD, ZDF und den Dritten habe ich schon vor 2020 zunehmend vermisst.

Mitarbeiterin / Mitarbeiter

Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)

Doch die zurück­liegenden zwei Jahre habe ich dies­bezüglich als Tiefpunkt wahr­ge­nommen. Vielleicht war der öffentlich-rechtliche TV-Journalismus immer schon mehr „Story-Telling“ als Wahrheits­suche, und den einen Zeit­punkt, ab dem alles irgendwie schlechter wurde, gab es vielleicht nie. Doch die Corona-Zeit und ihre „Maßnahmen“, die ja tatsächlich wie kaum etwas anderes seit der Gründung der Bundes­republik in unser Leben und in unsere Grund­rechte ein­gegriffen haben, haben für mich ein be­unruhigend schwaches Zeugnis für die „Vierte Gewalt“ im Staat ausgestellt, wenn es denn darum geht, dass diese „Vierte Gewalt“ die anderen drei im Sinne der Wahrung der Grund­rechte kritisch hinter­fragen und kontrollieren soll.

An entscheidenden Stellen für die Bericht­er­stattung haben viele Redakteurinnen und Redakteure die mangelhaften und unzureichenden Daten des RKI trotz ihrer Schwächen für gut genug befunden, um sie zum täglichen „Stand der Tatsachen“ und damit zur Richtschnur für weitgehende Einordnungen zu erklären. Eine tägliche Kritik an der Datenqualität hätte jedoch zum journalistischen Handwerk gehört. Den Einschätzungen des RKI so folgend, wurden dann Angst und Alarm als berechtigte Dauer-Narrative gesehen - die im Sinne der Quote leider auch erfolgreiche Narrative waren, weil Angst und Alarm naturgemäß die Aufmerksam­keit des Publikums erhöhen. Berechtigte Zweifel, Nach­fragen, andere Experten­meinungen, Maßnahmenkritik oder gar Demonstrationen und Protest wurden im gleichen Zuge für unangebracht bis falsch, oder gar für rechts­extrem und gefährlich erklärt und entsprechend gebrandmarkt. Selten habe ich so eine journalistische Unwucht und so ein überzeugtes Sortieren in "richtig-falsch“ oder moralisierend in „solidarisch-unsolidarisch“ auf so dünner Faktengrundlage erlebt.

Gesendet wurde nach meiner Beobachtung überwiegend, was das Narrativ bestätigte und am Leben hielt. Mit Mainzel­männchen vor und nach den Haupt­nachrichten, die ebenfalls für staatliche Maßnahmen und An­ordnungen warben. Kritische Fragen mussten sich Politiker­Innen fast ausschließlich dahin­gehend gefallen lassen, ob ihre Maß­nahmen ausreichend seien für den Gesundheits­schutz. Fast nie, ob sie zu weit gehen oder ihrerseits Schäden anrichten. Schäden durch die Maß­nahmen (einsames Sterben, psychische Folgen für die Kinder, Geschäfts­pleiten, Staats­verschuldung) wurden als „Corona-Schäden“ deklariert. Ein breiter Mainstream ist entstanden, gegen den - meinem Erleben zufolge - kaum an­zu­kom­men war, wenn man als einzelner Redakteur nicht selber als „Verharm­loser“ oder Schlimmeres ab­qualifiziert werden wollte.

Natürlich gab es immer wieder auch einzelne Beiträge, einzelne Sen­dungen, einzelne Themen­setzungen, die dem Auftrag nach­kamen, für ein aus­gewogeneres Bild zu sorgen. Sie bleiben meines Erachtens aber in der kaum wahrnehm­baren Minder­heit. Und bei der Frage zum Beispiel, ob die Impfung wirklich die Lösung ist oder welche Risiken und Schäden auch mit ihr einher­gehen, sind kritische Ansätze und Recherchen bis heute ein gefühltes Tabu. Dass das geschehen konnte, und wie - das sind Fragen, die sollten dringend jetzt, nach dem Abklingen der Pandemie, aufgearbeitet werden, denn sonst drohen ähnliche journalistische Unwuchten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch in der Zukunft. Und so oder so ist es dringend Zeit, dass Diversität in den Redak­tionen auch inhaltlich, bezogen auf gesell­schaftliche Posi­tionen, wieder forciert wird.

Denn nie war gefühlt so viel Konformismus wie heute. Und an dem kann der öffentlich-rechtliche Rundfunk letztlich nur scheitern.

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