Wozu bin ich eigentlich Journalist geworden?

Mitarbeiter

Deutschlandradio

Ende August 2020 habe ich an der Demo gegen die Corona-Politik im Berliner Tiergarten teilgenommen. Es war offensichtlich, dass dort mehrere hundert­tausend Menschen waren. Die Polizei dagegen sprach von 20.000 bis 30.000 Teilnehmer*innen, und die Nachrichten­agenturen haben diese Zahlen so weitergegeben. Wie kann man sich so sehr verschätzen? Und warum haben sich nicht viel mehr Journalist*innen wegen der falschen Angaben beschwert? Oder waren sie gar nicht in den Tiergarten gegangen?

Die Arbeit selbst macht inzwischen keinen Spaß mehr, denn ich habe das Gefühl, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk das von Bundes­regierung und RKI verbreitete Narrativ weitgehend übernommen hat. Obwohl wir jeden Tag ein kleines Watergate aufzuklären hätten, werden abweichende Meinungen als Verschwörungs­theorien gebrandmarkt.

Dass unser früherer Gesundheits­minister Jens Spahn und unsere aktuelle Außen­ministerin Annalena Baerbock den fragwürdigen Titel „Young Global Leader“ tragen, ist jedoch keine Verschwörungs­theorie, sondern lässt sich auf der entsprechenden Website des Weltwirtschafts­forums (WEF) nachlesen. Doch wie kann es sein, dass deutsche Minister*innen neuerdings an Fortbildungs­programmen einer global agierenden und nicht gewählten Konzern-Elite teilnehmen?

Auch dass es zahlreiche Wissenschaftler*innen gibt, die die Corona-Politik aufgrund ihrer Forschungs­ergebnisse an vielen Stellen widerlegt haben, wird geflissentlich übersehen. So wird nach wie vor von „Neu­infektionen“ gesprochen, obwohl vollkommen klar ist, dass sich das von Kary Mullis entwickelte PCR-Verfahren nicht dazu eignet, Infektionen nachzuweisen. Und dass tagtäglich von einer sogenannten Inzidenz die Rede ist, muss jeden Statistiker verzweifeln lassen, denn eine Inzidenz kann man sinnvoller­weise nur in Relation zu einer bestimmten Bezugs­größe angeben. Stattdessen wird ins Blaue hinein getestet, und alle Appelle, repräsentative Kohorten­­studien durchzuführen, verhallen ungehört.

Aber das passt zu einer Äußerung, die ich bereits im Frühjahr 2020 in einer Landes­rundfunk­anstalt hören musste. Damals sagte ein leitender Redakteur: „Bei uns wird es keine relativierende Bericht­erstattung zum Thema Corona geben.“ Ich habe mir diesen Satz notiert, denn er hat mein Vertrauen in den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk wohl für alle Zeiten erschüttert.

Wozu bin ich eigentlich Journalist geworden?

Glücklicherweise kenne ich beim Deutschland­radio inzwischen viele Kolleginnen und Kollegen, die sich aus der Deckung wagen - wobei Mitarbeiter aus Verwaltung und Technik genauso vertreten sind wie Kollegen aus der Redaktion. Wir alle sind ungeimpft und diskutieren regelmäßig über unsere Lage. Im Gespräch mit anderen deuten wir immer wieder unsere Meinung an. Nach wie vor hoffen wir auf die Rückkehr zu den üblichen journalistischen Standards - denn Meinungs­bildung ist nur möglich, wenn die gesamte Breite des Meinungs­spektrums abgebildet wird.

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