Empfehlungen

Gesammelte Leseempfehlungen, die den Zustand des Journalismus und die Haltung der öffentlich-rechtlichen Medien kommentieren.

„‚Kritikloser Systemtransfer‘: Wie die Öffentlich-Rechtlichen in den Osten kamen“

„Am 3. Oktober 1990 wurden Hörfunk und Fernsehen der DDR in sogenannte Einrichtungen überführt, um am 1. Januar 1992 schließlich in das öffentlich-rechtliche System der BRD integriert zu werden. Die Politikwissenschaftlerin Sylvia Dietl studierte damals an der Universität Mannheim. Für sie ist der Tag der Deutschen Einheit bis heute ein ‚historischer Wendepunkt, ein Tag der Freude‘. In ihrem kürzlich erschienenen Buch ‚Transformation und Neustrukturierung des DDR-Rundfunks im Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands‘ ist ihr Fazit trotzdem kritisch. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Anstalten kommen nicht gut weg. Im Gespräch erklärt die Autorin, warum das so ist und bietet geschichtliche Hintergründe zu aktuellen Korruptionsdebatten.“

„SWR-Intendant setzt auf breiteres Meinungsspektrum in ARD-Kommentaren“

„Kai Gniffke, Chef des Südwestrundfunks, will künftig eine größere Meinungsverschiedenheit in den Kommentaren der ARD abbilden – sofern sie sich an demokratische Regeln halten. Manche Haltungen der Bevölkerung seien bisher zu wenig berücksichtigt worden.“

„Wie saniert man ARD und ZDF?“

Diskussion zwischen WDR-Intendant Tom Buhrow und der Medienmanagerin Julia Jäkel, früher Chefin von Gruner + Jahr. Folgend ein kleiner Auszug:

Jäkel: Wo ist die intellektuelle Speerspitze einer Reformbewegung? Nutzen doch Sie den Gestaltungsraum und die Energie der vielen Reformwilligen in Ihren Sendern.

ZEIT: Ein Nicken kann man in der Zeitung nicht sehen, Herr Buhrow!

Buhrow: Ich bin total d’accord und habe meine Zukunftsvision „ARD 2030“ Anfang 2021 skizziert. Unter anderem habe ich mich für eine gemeinsame Mediathek mit dem ZDF ausgesprochen, als es dafür noch heftige Ablehnung gab. Aber noch mal: Für große, weiter gehende Veränderungen brauchen wir einen gesamtgesellschaftlichen Dialog.

Anmerkung von Meinungsvielfalt.jetzt: Genau diesen Dialog fordern zahlreiche Initiativen: der Leuchtturm ARD mit wöchentlichen Mahnwachen vor den Medienhäusern, die Ständige Publikumskonferenz, die Bürgerinitiative GemeinWohlLobby, die Initiative Publikumsrat, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der „Zehn Thesen zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien“ oder der Bürgermedienverein.

„WDR und Eckart von Hirschhausen mit tendenziöser Sendung zu Long-Covid“

„In einer von Eckart von Hirschhausen moderierten WDR-Sendung zum Thema Long-Covid fehlen medizinisch relevante Fakten. Zudem mangelt es an journalistischer Sorgfalt und einer nüchternen Berichterstattung – wie es der Pressekodex insbesondere bei medizinischen Themen vorgibt. Offene Fragen wirft insbesondere der Fall einer im Rahmen der Sendung vorgestellten kranken 13-Jährigen auf.“

Anmerkung Meinungsvielfalt.jetzt: Bastian Barucker hat zur beschriebenen Sendung eine Programmbeschwerde beim WDR eingereicht.

„Amigo-Kultur? Wie der Nachbar und Mieter der stellvertretenden NDR-Intendantin vom öffentlich-rechtlichen Sender profitiert“

Die NDR-Affäre weite sich nach Niedersachsen aus, berichtet Business Insider: „Das Landesfunkhaus in Hannover beauftragt seit Jahren die Firma Cineteam mit Produktionen für den NDR. Das Unternehmen hat 2009 das Geschäft des Ehemanns der Funkhauschefin und NDR-Vize-Intendantin, Andrea Lütke, übernommen und ist bis heute Mieter auf dem Anwesen des Ehepaars.“ Brisant dabei sei, dass Lütke vom NDR-Intendanten Joachim Knuth zur „Chefaufklärerin“ ernannt wurde, um die Vorwürfe in Kiel und Hamburg zu untersuchen.

 

„Tom Buhrow kapiert, was der Pressefreiheit droht“

FAZ

Michael Hanfeld schreibt über den geplanten „Media Freedom Act“ der EU. Er wolle Medienfreiheit sichern, schränke sie in Wahrheit aber ein. So plane Brüssel per Verordnung ein „Superministerium“, das Medien beaufsichtigen soll. Dies widerspreche dem in Deutschland geltenden Grundgedanken, „dass der Staat den Rechtsrahmen setzt, sich aber in die inneren Angelegenheiten der Medien nicht einmischt.“ Nun sei dieser Umstand zum Glück auch dem ARD-Vorsitzenden und WDR-Intendanten Tom Buhrow aufgefallen. Buhrow wolle seine Kritik am „Medienfreiheitsgesetz“ in die Beratungen des Gesetzes einbringen.

„ZDF-Faktenchecker am Limit: Warum man keinesfalls mutmaßen darf, die USA könnten es gewesen sein“

„Das ZDF setzt sich mit der These auseinander, die USA könnten für die Sabotage der Gaspipelines Nordstream 1 und 2 von Russland nach Deutschland verantwortlich sein. Weil es angesichts der Informations- und Indizienlage sehr schwer ist, das auszuschließen, geht der Sender bis an die Grenze dessen, was man mit faulen stilistischen und psychologischen Tricks erreichen kann.“

„NDR sieht keine Belege für ‚politischen Filter‘“

„In der NDR-Affäre in Schleswig-Holstein hat der Sender eine eigene Untersuchung vorgelegt. Die Autoren sehen keine Einflussnahme auf politische Berichterstattung“, schreibt der Spiegel. Allerdings sei laut dem internen Bericht die Führungsstruktur sehr hierarchisch gewesen, es sei wenig diskutiert oder erklärt worden. Eine externe Prüfung stehe noch aus.

Anmerkung von Meinungsvielfalt.jetzt: Der interne Untersuchungsbericht des NDR-Redaktionsausschusses hat dies 2021 anders beurteilt. Der „Verdacht der politisch motivierten Einflussnahme“ sei „nicht ausgeräumt“, steht im Bericht. Das Dokument ist hier einsehbar: https://deepsh.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1995/2022/08/NDR_Abschlussberichte_Redaktionsausschuss.pdf.

Darüber hinaus berichtet das Portal Business Insider, dass Andrea Lütke, die vom NDR-Intendanten Joachim Knuth zur „Chefaufklärerin“ ernannt wurde, selbst in einen Skandal verwickelt ist.

„Rechnungshof rügt BR-Finanzen - ‚Jeder zweite Euro nicht nachvollziehbar‘“

„Massive Belastungen durch Altersversorgung, fragwürdige Ausgaben für Schneeraupen und Berater und eine undurchsichtige Finanzstruktur. Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat die Ausgaben des „Bayerischen Rundfunks“ durchleuchtet. Er kommt zu dem vernichtenden Ergebnis: Bei 50 Prozent der Kosten sei nicht erkennbar, wofür das Geld überhaupt ausgegeben worden sei.“

„Rundfunkkommission will Bericht von Öffentlich-Rechtlichen“

„Die Bundesländer fordern mit Blick auf die noch ungeklärten Vorwürfe bei ARD-Häusern einen Bericht der Öffentlich-Rechtlichen“, ist in der Zeit zu lesen.

Anmerkung von Meinungsvielfalt.jetzt: Besonderes Interesse gebührt einem Zitat von Heike Raab (SPD), Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder, in dem sie Ursache und Wirkung zu verdrehen scheint: „Es gibt eine große Vertrauenskrise im öffentlich-rechtlichen System, die geeignet ist, den gesamten Qualitätsjournalismus in ein schlechtes Licht zu stellen.“ Sind es nicht die schlechten Leistungen im „Qualitätsjournalismus“, allen voran im ÖRR, die eine Vertrauenskrise hervorgebracht haben?