Empfehlungen

Gesammelte Leseempfehlungen, die den Zustand des Journalismus und die Haltung der öffentlich-rechtlichen Medien kommentieren.

„Was läuft schief im NDR?“

„In Kiel werfen Mitarbeiter ihren Chefs vor, kritische Berichterstattung unterdrückt zu haben. Wirklich? Das Problem des Senders liegt eher woanders“, urteilt Götz Hamann. Der Redaktionsleiter Digitale Ausgaben der Zeit sieht neue Arbeitsabläufe bei der Digitalisierung als Hauptursache der schlechten Stimmung. Kleine, gestraffte Planungsrunden seien nun in Kiel an der Tagesordnung sowie eine gemeinsame, Abteilungsübergreifende Videokonferenz; manchmal seien bis zu 70 Teilnehmer online anwesend, diskutiert würde wenig, dafür gäbe es mehr Ansagen als früher. Hamann schreibt: „In diesem Umfeld kamen einige Journalisten zu der Überzeugung, sie könnten nicht mehr selbstbestimmt arbeiten.“  

NDR schließt Prof. Dr. Ulrike Guérot aus der Jury des Sachbuchpreis aus

NDR

„Der NDR hat entschieden, auf die Mitarbeit von Prof. Dr. Ulrike Guérot in der Jury zu verzichten, anders als ursprünglich gemeldet. [...] Bei der Anfrage zur Mitarbeit in der Jury des NDR Sachbuchpreises ist nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass Ulrike Guérot sich mit öffentlichen Äußerungen von den Werten der wissenschaftlichen Gemeinschaft und des NDR Sachbuchpreises deutlich entfernt hat. Wir bedauern dieses Versehen. Um eine sachliche, diskursive aber auch im Rahmen eines demokratisch und wissenschaftlich abgesicherten Wertekanons kooperative Juryarbeit sicher zu stellen, verzichtet der NDR auf die Mitarbeit von Ulrike Guérot.“

„Journalisten bekommen Maulkörbe, andere machen Wahlkampf für Politiker“

„Kritische Journalisten werden von Beiträgen abgezogen, NDR-Journalisten machen offen Wahlkampf für Politiker“, titelt der Stern und bemängelt einen fragwürdigen Umgang beim NDR in Kiel mit brisanten Themen und eine starke Nähe zur Politik. Stern-Redakteur Markus Frenzel  beschreibt zum Beispiel, wie Investigativjournalist Patrik Baab aus dem Rechercherossort geworfen wurde, weil er seinem Vorgesetzten vorwarf, seine Recherchen „in unzulässiger Weise beeinflusst“ zu haben. Der Fall ging vor Gericht. Baab wurde aus dem Rechercheressort in die Schwerbehindertenvertretung versetzt und zog laut Auskunft des NDR „den Vorwurf zurück, die Führungsspitze hätte Berichterstattung ver- oder behindert oder gar im Sinne der Landesregierung eingefordert“. Markus Frenzel fragt sich allerdings, wie freiwillig dieser Rückzug von Baab war.

 

„Darum trat Sachsen-Anhalts MDR-Chefin zurück“

„Sachsen-Anhalts MDR-Chefin Ines Hoge-Lorenz erklärte am Freitag überraschend ihren Rücktritt. Sie stolperte über den elf Jahre alten Skandal um den ehemaligen MDR-Unterhaltungschef Udo Foht, der sich im September vor Gericht verantworten muss.”

„Öffentlich-Rechtliche: Götterdämmerung der Arroganz im Norden“

„Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern gärt es. Immer mehr Journalisten melden politische Missstände“, schreibt Michael Meier, Herausgeber der Berliner Zeitung. Neben den Vorfällen im NDR würde auch beim RBB, dem WDR und dem Deutschlandfunk „massiv Einfluss auf die Berichterstattung“ ausgeübt. Zum Beispiel berichtet eine Journalistin anonym von einer Dokumentation für die Sender ZDF und Arte, “die so massiv umgearbeitet wurde, dass die angestrebte Neutralität gänzlich verschwunden und der Film zu einer ‘Propaganda-Show’ umgestaltet war. Der Autor zog am Ende entnervt seinen Namen zurück, weil ‘seine journalistische Arbeit zur Unkenntlichkeit entstellt worden ist’”.  

„Politischer Filter“, „Klima der Angst“: NDR-Redakteure erheben schwere Vorwürfe gegen Senderleitung

Beim NDR gibt es anscheinend Fälle von massiven Eingriffen in die Berichterstattung, „politische Filter“ und ein Klima der Angst. Dies belegt eine weitere Recherche des Business Insider. Das Portal, das zum Axel Springer Verlag und Jeff Bezos gehört, hatte schon die RBB-Affäre um die mittlerweile gefeuerte Intendantin Patricia Schlesinger ins Rollen gebracht. Im neuen Fall zitieren die Autoren einen internen Untersuchungsbericht des NDR. Darin ist von neun Journalisten des Landesfunkhauses in Kiel die Rede, die Missstände beim NDR angeprangert haben. Sie schreiben: „Auf Anfrage erklärt eine Sendersprecherin, dass der Intendant Joachim Knuth über die Vorgänge informiert war. Der NDR wies die Vorwürfe zurück und erklärte den Vorgang zunächst für abgeschlossen, korrigierte dann aber sein Statement.“

„Vom Ende der Meinungsfreiheit in Europa“

„Mit dem Digital Services Act und dem „Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation“ schafft die EU eine ausgeklügelte Infrastruktur zur umfassenden Zensur von Informationen und Meinungen – ausgelagert an private Konzerne. Was Gastautor Johannes Mosmann durch Analyse dieser Dokumente kühl und sachlich an totalitärer Kontrollambition der Regierenden herausarbeitet, erinnert an dunkle, vordemokratische Zeiten.“

„Rücktritt von Verwaltungsratschef Wolf: Beim RBB rollen Köpfe“

„Beim RBB trat am Dienstag Verwaltungsratschef Wolf zurück, die Abteilungsleiterin der Intendanz musste gehen. Weitere Trennungen könnten folgen.“

„Juristen kritisieren ARD: ‚Sender übernehmen Regierungslinien!‘“

Drei deutsche Staatsrechtsprofessoren kritisieren die zunehmende politische Unausgewogenheit in der Berichterstattung der ARD-Sender.

„Der Fall Schlesinger zeigt das Systemversagen von ARD und ZDF“

„So richtig die Kritik an Schlesinger ist, so gross ist die Gefahr, den Fall als Einzelfall zu behandeln. ARD und ZDF haben grundlegende Strukturprobleme“, schreibt Alexander Kissler in der NZZ. Er sieht die Gebührenfinanzierung, mangelhafte Kontrolle und eine Baueuphorie als Kernprobleme des ÖRR. Sein Kommentar endet mit dem Fazit: „Der öffentlichrechtliche Rundfunk mit seinen unverändert vielen wertvollen Angeboten ist zu wichtig, als dass er verschwinden sollte. Er ist aber auch in einem zu schlechten Zustand, als dass man ihn in seiner heutigen Form noch verteidigen möchte.“